Verwandlung unter der Zauberdusche

NOZ, 26.03.2012, Jan Kampmeier


Im Theater am Domhof laufen die Vorbereitungen für die erste Kinderoper der Bühne. Premiere von Händels „Alcina“ ist am kommenden Sonntag. Unterstützt wird die Kinderoper von der Werner Egerland Stiftung.

c2f73a38a7Was für Kenner und Liebhaber ein absoluter Hochgenuss sein kann, dürfte Kinder normalerweise eher ermüden: Rezitative und Arien reihen sich aneinander, ungefähr dreieinhalb Stunden lang und auf Italienisch. Dazu hat eine Barockoper wie Händels „Alcina“ eine verwickelte Handlung voller Liebeswirren, die sich, mal ehrlich, selbst Erwachsenen kaum erschließt.

Dennoch wird „Alcina“ am Osnabrücker Theater nun als Oper für Kinder ab acht Jahren inszeniert. Und das funktioniert so: Die Oper wird auf 70 Minuten gekürzt und auf Deutsch gesungen. Die Übersetzung entstand eigens für diese Aufführung. Der Text wird dabei stark bearbeitet. In einer ihrer Arien heißt es „Du blöder Idiot“ statt „Ich will mich rächen“, erzählt Sängerin Katarina Andersson. Und am Ende wird Alcina ein deftiges „Verpiss dich“ hinterhergerufen. „Das ist die entschärfte Fassung“, kommentiert Regisseur Benjamin Schad.

Bei der Probe wirkt der Stoff durchaus rustikal, und auf den zweiten Blick ist die Handlung vielleicht wirklich für Kinder interessant, denn Alcina ist eine böse Zauberin, die auf einer Insel lebt und die Menschen um sie herum verwandeln kann, wie es ihr beliebt, in einen Baum zum Beispiel. In Benjamin Schads Inszenierung geschieht das mit einer „Zauberdusche“. Der junge Ruggiero, der zunächst in Alcinas Bann steht, bricht schließlich ihre Zauberkraft. „Er bringt die Menschen zu sich selbst zurück“, erklärt Dramaturgin Maria Schneider. Und die üblichen Verwicklungen werden eben extrem gerafft. Maria Schneider: „Wir bringen ein Substrat der Geschichte. Was eigentlich zwei Stunden dauert, haben wir in einer Chaosszene untergebracht, die dann 20 Sekunden dauert.“

Für „Alcina“ kooperiert das Theater mit der Musikhochschule Hannover, die Gesangspartien übernehmen Studierende, die teilweise erste Bühnenerfahrung außerhalb der Hochschule sammeln, wie Alice Hoffmann erzählt. Sie kam zum Vorsingen und wurde ausgewählt, ebenso wie elf ihrer Kommilitonen. Jede Rolle wurde doppelt besetzt, weil sich die Hannoveraner im Vorsingen so gut behaupten konnten. Bespielt wird das gesamte obere Foyer, das nun erstmals als richtige Spielstätte verwendet wird. „Es singt sich sehr gut in diesem Raum“, meint Alice Hoffmann.

Alcina ist die erste Kinderoper am Osnabrücker Theater und wird finanziell gefördert durch die Werner-Egerland-Stiftung. „Wir haben mit dem Theater schon seit Jahren gute Projekte auf den Weg gebracht“, erklärt Felix Osterheider, Vorstand der Stiftung. „Bei der Kinderoper ist uns der Gedanke wichtig: Wie kriegt man es eigentlich hin, dass Kinder, unabhängig von Bildungsgrad, finanzieller und sozialer Herkunft noch mit Theater, Aufführungspraxis und den Werten unserer Kultur Berührung finden? Wir glauben: Das muss erlebt werden.“