Streit kann produktiv sein

classic con brio:
Die Werner-Egerland-Stiftung fördert das Quarrel Quartett

Neue Osnabrücker Zeitung, 30. März 2006


In diesem Jahr unterstützt erstmals die Werner-Egerland-Stiftung Musiker der Osnabrücker Kammermusiktage. Zum Auftakt kommt das Quarrel Quartett aus Polen in den Genuss der Förderung.

23bc601035“Wir sind ein Streit-Quartett”, übersetzen Magdalena, Karolina, Kamila und Katarzyna den Namen mit einem herzlichen Lächeln auf den Lippen. Die vier jungen Polinnen im Alter zwischen 22 und 24 gründeten vor sieben Jahren, als sie noch in Warschau zur Schule gingen, das Quarrel Quartett.

Natürlich waren sie sich bewusst, dass dies ein provokanter Name ist: “Damals war er mehr als Scherz gemeint”, erinnert sich Magdalena Makowska. “Aber je länger wir zusammenarbeiten, desto mehr füllt sich der Name mit Sinn. Wir sind vier Individualistinnen, die bestimmete Vorstellungen haben, und das führt durchaus zu Auseinandersetzungen”, fügt Kamila Maslovska hinzu. “Diese Meinungsverschiedenheiten sind aber produktiv”, meinen Katarzyna Kamer und Karolina Weltrowska, “sonst würden wir bestimmt nicht mehr zusammen musizieren.” Wozu der gruppendynamische Prozess musikalisch führt, davon kann sich der Musikliebhaber während der Osnabrücker Kammermusiktage überzeugen, die am Freitag, 31. März, eröffnet werden.

“Die vier jungen Damen wurden aus zwölf Bewerbungen ausgewählt, die aus ganz Europa beim Schlossverein Osnabrück als Veranstalter eingegangen sind”, erklärt der Intendant der Kammermusiktage, Dr. Hagen Gleisner. Fünf Ensembles bekamen den Zuschlag, in Osnabrück spielen zu können und sich zum Kammerorchester “Con Brio” zu formieren.

Um den Festival-Etat zu entlasten, wurde in diesem Jahr zum ersten Mal eine Kooperation mit der Werner-Egerland-Stiftung initiiert. Die mit 1,5 Millionen Euro ausgestattete Stiftung widmet sich der Förderung kultureller und bildender europäischer Projekte im Jugendbereich. “Die Stiftung übernimmt alle Kosten, von der Reise über Unterbringung und Verpflegung bis hin zum Honorar, die das Quarrel Quartett betreffen”, erklärt Stifterin Felicitas Egerland. “Das Quartett haben wir nicht aus qualitativen Gesichtspunkten aus den fünf teilnehmenden Ensembles ausgewählt, sondern weil es das jüngste ist und daher optimal in unser Stiftungskonzept passt. Außerdem begrüßen wir, dass wir das Resultat der Arbeit der Musikerinnen direkt vor Ort begutachten und genießen können”, so die Stifterin. Am Mittwoch, 5. April, wird daher in der Stadthalle ein spezielles “Egerland Konzert” stattfinden, in dem das Quarrel Quartett unter anderem das Streichquartett a-Moll D 804 von Franz Schubert vorträgt.

“Die vier jungen Damen sind bereits seit Montag hier in Osnabrück und haben schon Workshops mit Schulklassen absolviert”, erklärt der künstlerische Leiter des Festivals, Professor Hubert Buchberger. “Außerdem proben die eingeladenen Quartette und Solisten bereits in den Räumen unseres Kooperationspartners, des Konservatoriums der Fachhochschule. Zu unserem Konzept gehört es, dass die teilnehmenden Musiker gemeinsam Erfahrungen sammeln und voneinander lernen sollen.”

Im vergangenen Jahr war das polnische Quartett bereits Gast der Osnabrücker Kammermusiktage: “Wir haben jeden Moment genossen”, sagt Magdalena, “daher wollten wir in diesem Jahr unbedingt wieder dabei sein.”